04. Juli 2020
Spätzünder! – I
Es gibt unzählige Sprüche mit dem Wörtchen „spät“:
- Besser spät als nie
- Es ist nie zu spät für einen Neuanfang
- Es ist nie zu spät so zu sein, wie man gerne gewesen wäre (George Eliot)
- Besser spät als hässlich kommen
- Lieber zu spät als gar nicht usw.
Wahrscheinlich kennt jeder solche Sprüche, hat vielleicht den ein- oder anderen schon mal gesagt bekommen, weil Euch jemand trösten wollte! Zum Beispiel, nachdem sich herausgestellt hat, dass auch die dritte Berufsausbildung, bzw. das dritte Studium irgendwie doch noch nicht das Richtige war… Hm, soll vorkommen.
Was aber, wenn sich das spätzündeln quasi durch das ganze Leben zieht?
Bevor ich genauer erzähle, wie es bei mir war und warum sowohl die Musik, wie auch das Schreiben erst spät zu festen Instanzen meines Lebens wurden, gibt’s hier erstmal die Ultra-Kurzfassung.
Kindheit – der frühe Vogel … ist abends zu müde für die Party!
Ich kann nicht sagen, dass ich in meiner Kindheit mit Sprüchen bezüglich des „Spät-Seins“ (in welcher Form auch immer) gefüttert worden bin, um mich auf den Weg zu bringen. Oder dass sie irgendwie zu meiner Beruhigung beigetragen hätten (allenfals mal eine kleine Aufmunterung waren), aber mussten sie deshalb gleich zu einer self-fulfilling-prophecy werden?
Ich war wohl schon immer ein Spätzünder. In allem. Außer, was meine Einschulung betrifft. Die war mit fünf. Aber das war’s dann auch schon mit dem „früh“.
Teenager-Zeit – Hormone geben einen Scheiß’ auf Zeiten!
Meine erste Menstruation hatte ich mit 14. Damit war ich die Vorletzte in unserer Klasse. Immerhin, es gab noch eine nach mir. Aber die war auch einen Monat jünger als ich…was das Ganze wieder etwas relativierte.
Als Teenager ist sowas aber totaaaal wichtig. Wenn du da hinterher hinkst, bist du quasi durch. Wenn meine 16-jährigen Tochter erzählt, was diesbezüglich heute so abgeht, dann sind wir damals wohl noch im flauschigen Nest von Bullerbü aufgewachsen…
Heute, als Erwachsene, denke ich natürlich anders darüber. Von mir aus hätte ich, kurz bevor wir Kinder wollten, menstruieren, und gleich, nachdem beide Wunschkinder da waren, wieder damit aufhören können. Aber leider, leider hat die Natur ihre eigenen Pläne.
Meinem „Spätzündertum“ bin ich treu geblieben. Den ersten Freund hatte ich ebenfalls erst mit 14 (oberpeinlich), der erste „richtige“ (also Zungenkuss) ließ noch länger auf sich warten und vom ersten Sex… OMG! No more details. Nur soviel: sweet sixteen war ich nicht mehr…
Schule und Ausbildung – die Qual der Wahl
Nach dem Umzug von Berlin ins beschauliche Herschbach im Unterwesterwald kam die Sprach-Barriere. „Icke, dette kieke mal“ verstand im Westerwald niemand. Und „Herschber-Platt“ verstand ich nicht. Freunde finden war unter diesen Umständen schwer. Sicher warf auch die Pubertät schon ihre Schatten voraus. Meine damalige Klassenlehrerin (auch noch für Mathe zuständig, Hilfe!) war ein Feldwebel par excellence und postwendend kamen die schlechten Noten.
Also nach den ersten beiden Jahren auf dem Gymnasium runter auf die Realschule. Nicht wirklich gut, aber besser.
Dann war eine Berufsausbildung fällig
Zur Erzieherin. Ich dachte wirklich, das isses. Ich weiß noch, wie ich – damals noch Praktikantin, also vor der eigentlichen Ausbildung – einmal an einem Nachmittag in der Kita, in der ich Praktikantin war, am Fenster stand und beobachtete, wie dicke Schneeflocken vom Himmel herab tanzten. Die Kids spielten friedlich, der Kassettenrekorder (ja, sowas gab’s mal) dudelte ein Weihnachtshörspiel und es war warm und urgemütlich.
„Wow“, dachte ich, „das ist es! Das will ich machen, bis ich alt bin und in Rente gehe.“ Ha!
Echt jetzt? Naja… Die Begeisterung hielt etwa 4 Jahre an. Nämlich ziemlich genau so lange, wie die Ausbildung dauerte und ich die ersten zwei Monate als ausgebildete Erzieherin gearbeitet hatte. Da merkte ich dann schon: „äh, ne, also da passiert ja nicht viel Neues, ist irgendwie auch immer dasselbe“.
Hm, nochmal umorientieren?
Kenn Ihr das? Man hat gerade ein Teilstück Leben erfolgreich hinter sich gebracht, könnte sich (erstmal) feiern, zurücklehnen, genießen… und dann sowas. Feiern mit Beigeschmack.
Bei mir zieht sich das – wie es scheint – leider durchs ganze Leben.
Berufsleben – Au ja: Ich will Verbrecher fangen
Es dauerte dann aber noch weitere 3 Jahre, bis ich nicht nur mir, sondern auch der Umgebung, klarmachte, dass es so nicht bleiben konnte. Ich brauchte was Neues. Wollte lernen. Etwas, das mich interessierte. Und das war nicht wenig.…
Ich suchte ein bisschen rum, was so gehen könnte. Bei einem Ehemaligen-Klassentreffen traf ich eine frühere Mitschülerin, die inzwischen bei der Kripo war. Das wär’s, dachte ich. „Kriminalhauptkommissarin“, das klingt super. Ich bewarb mich, machte zwei Tage Prüfungen an der Polizeischule Wiesbaden – und konnte dann doch nicht hin. Obwohl sie mich wollten. Ich glaube sogar, ziemlich unbedingt wollten.
Denn noch anderthalb Jahre später, als ich mich längst umentschieden hatte, weil mir das alles zu lange gedauert hatte, bekam ich Post von dort und sie fragten mich, ob ich nun in den Polizeidienst eintreten wolle.
Der Grund, warum ich nicht sofort zusagte, war folgender: die Prüfung (Inhalte waren Tests zur Konzentration, Intelligenz, Sprachbeherrschung sowie ein Sporttest), lief super. Am zweiten Tag war die polizeiärztliche Untersuchung an der Reihe. Und hier hatten sie bei mir dummerweise diffuse Herzrhythmusstörungen festgestellt.
Wäre erst mal kein Grund zur Beunruhigung, sagten sie, allerdings müsse ich das abklären lassen, denn wenn man in den Polizeidienst geht, wird man ja verbeamtet und… naja, is klar, oder? Die setzen sich da nicht wissentlich ein Kuckucksei ins Nest.
Wenn die Herzrhythmusstörungen ‚harmloser’ Natur wären, könne ich sofort einsteigen. Zum Glück waren sie harmloser Natur. Bis das allerdings festgestellt wurde, hatte ich mich längst neu orientiert.
Und darum geht’s in meinem nächsten Blog…
Hi, ich wünschte der Artikel wäre noch etwas länger und ausführlicher. Aber man kann nicht alles haben. 😉 VG
Oh, es gibt ja noch Folgebeträge davon 😉